Allrounder Nanopartikel: Perowskite in der nächsten Generation Solarzellen, Röntgendetektoren, LEDs und Laser

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Die Forschungsgruppe von Professor Kovalenko legt den Grundstein für die nächste Generation von Komponenten in der Optoelektronik mit Hilfe von Perowskit-Nanokristallen.

von Joachim Schnabl

Perowskite

Bleihalogenid-Perowskite sind neu im Rampenlicht der Materialforschung: sie haben die besonderen Eigenschaften, Licht in elektrische Signale umzuwandeln und umgekehrt. Jetzt entwickeln Forscher in der Gruppe von Prof. Kovalenko erfolgreich Perowskite für neue Anwendungen. Sie haben winzige Kristalle dieser Materialien, sogenannte Nanokristalle, entwickelt, die das Forschungsgebiet um einige neue Möglichkeiten erweitern. Die nächste Generation von kostengünstigen, hocheffizienten LEDs, Fernsehbildschirmen, Röntgendetektoren und Laser ist zum Greifen nah.

Perowskite sind anorganische oder gemischt organisch-anorganische Verbindungen die dieselbe Kristallstruktur wie das Mineral Perowskit haben (Perowskit ist auch als Calciumtitanat, CaTiO3 bekannt). Sie wurdem nach ihrem Entdecker, dem russischen Mineralogen Lew Perowski benannt, der das Mineral im 19. Jahrhundert in Uralgebirge entdeckte.

Vergrösserte Ansicht: Perowskit Kristallstruktur
Die kubische Kristallstruktur vom Perowskittyp hat die allgemeine Forme ABX3. In Perowskiten, die in Solarzellen zum Einsatz kommen it das grosse Kation A üblicher-weise Methlyammonium (CH3NH3+). Das kleine Kation B ist Blei (Pb2+) und das Anion X ist ein Halogenid, entweder Iodid, Chlorid oder Bromid  (I-, Cl-, Br-).

Lichtemitter

Ein neuer faszinierender Aspekt nebn der Umwandlung von Licht in Strom wie in CH3NH3PbI3-basierten Solarzellen ist die Fähigkeit der Perowskite, helles Licht in verschiedenen Farben auszusenden. [1] Diese als Quantenpunkte bekannte Halbleiter-Nanokristalle können in Farbdisplays oder in neuen, hocheffizienten LEDs verwendet werden. Die vollständig anorganischen Perowskite CsPbX3 (X= Cl, Br, I, oder Mischungen davon) können sehr einfach als kubische Nanokristalle hergestellt werden. Die jeweilige intensive und sehr definierte Farbe ist dabei von der Grösse und der Zusammensetzung der Kristalle abhängig. Die Perowskite unterscheiden sich dabei von ihren Vorgängern, Materialien, deren Farbeigenschaften einzig auf die Grösse der Quantenpunkte und nicht auf die Zusammensetzung zurückzuführen ist. Ein Beispiel für die Vorgänger sind Quantenpunkte, die aus Cadmium Chalkogeniden bestehen. Die CsPbX3 Perowskite zeichnen sich durch hohe Lumineszenzquantenausbeuten von bis zu 90%, schmale Emissionslinien, welche exakt definierte Farben ermöglichen, sowie die Abdeckung eines breiten Farbspektrums aus. Besonders in blauen und grünen Regionen der Spektrums übertreffen diese Nanokristalle klar ihre Cd-Chalkogenid-basierten Verwandten.

Vergrösserte Ansicht: electron microscopy image of cubic perovskite nanocrystals of CsPbBr3
Schematische Darstellung der kubischen Perowskit Kristallstruktur & Elektronenmikroskop-Aufnahme kubischer Perowskitkristalle mit der Zusammensetzung CsPbBr3.
Vergrösserte Ansicht: Helle Farben mit schmalen Emissionslinien
Helle Farben mit schmalen Emissionslinien können entweder durch Verändern der Grösse der Nanokristalle erreicht werden oder -viel komfortabler- durch Verändern der Halid-Zusammensetzung in CsPbX3 (X = Cl, Br, oder I).

Um Perowskite in verschiedene Farben herstellen zu können, fandne Kovalenko und seine Mitarbeiter eine einfache Methode [2]: Statt jeden Nanowürfel einer Farbe einzeln zu synthetisieren, können die Perowskit-Kristalle einfach ineinander umgewandelt werden indem man ihre Anionen austauscht (zum Beispiel durch ersetzen von Bromid mit Iodid). Diese sehr schnelle postsynthetische Farbanpassung wird in der Animation unten dargestellt. Mit dieser Methode können auch schwer zu synthetisierende Morphologien von Nanokristallen in kürzester Zeit hergestellt werden.

Vergrösserte Ansicht: Nanopartikel (NPs) des Strukturtyps CsPbBr3 können innerhalb von Sekunden in CsPbI3 umgewandelt werdend. Sie verändern dabei ihre Farbe von Grün nach Rot.
Nanopartikel (NPs) des Strukturtyps CsPbBrkönnen innerhalb von Sekunden in CsPbI3 umgewandelt werden. Sie verändern dabei ihre Farbe von Grün nach Rot.

Röntgendetektoren

Zwei der grössten Vorteile von Perowskit-Halbleitern sind ihre niedrigen Produktionskosten sowie deren Synthese in Lösung. Eine neue Studie[3] zeigt, dass die Fähigkeit von Perowskit-Nanokristallen, Sonnenlicht in den elektrischen Strom umzuwandeln, auch zum detejktieren von Röntgenstrahlen übertragen werden kann. Solche hochempfindlichen Röntgendetektoren können z.B. in medizinischen diagnostischen Geräten verwendet werden. Die Effizienz dieser neuen Generation perowskit-basierter Röntgenstrahldetektoren ist mit derjenigen von aktuellen Geräten vergleichbar. Gängige Detektoren werden aus Silizium oder Selen in komplizierten Vakuumverfahren hergestellt. Perowskite können hingegen durch Sprühbeschichtung oder per Tintenstrahldruck als halbleitender Film auf verschieden Materialien mit verschiedenen Formen aufgetragen werden. Dies ermöglicht die Herstellung grossflächiger und hochsensibler Detektoren.

à Fig 4. Crystal structure (top) and micrograph (bottom) of a spray-coated perovskite (CH3NH3PbI3) layer with the ability to sensitively detect X-rays.
Kristallstruktur (oben) und Elektronenmikroskop-Aufnahme (unten) einer sprühbeschichteten Perowskitschicht (CH3NH3PbI3). Sie hat die Eigenschaft, hochsensibel Röntgen-strahlung zu detektieren.

Um ein Röntgenbild von Knochen im Körper zu erhalten, werden die Röntgenstrahlen auf den betroffenen Bereich gerichtet. Abhängig von der Beschaffenheit des Gewebes werden sie entweder absorbiert, oder sie landen auf der Detektorplatte. Der Detektor muss in der Lage sein, die Strahlung effizient zu absorbieren um ein hochaufgelöstes Bild zu erzeugen. Diese Absorption der Röntgenstrahlung erfüllen die Blei-und Iodatome der Perowskite optimal. Die somit sehr günstig realisierbaren Röntgendetektoren, die den kommerziellen Festkörperdetektoren in nichts nachstehen, können in vielen Bereichen eingesetzt werden. Günstige, grossflächige Detektoren können einfach durch ein Sprühbeschichtungsverfahren auf sogar flexible Materialien aufgetragen werden. Dies ermöglicht den Forschung in den Materialwissenschaften und der medizinischen Diagnostik grössere und komplexere Objekte zu durchleuchten.

Vergrösserte Ansicht: Hochaufgelöste Röntgenbilder von verschiedenen Objekten: Ein Blatt von Begonia obliqua (a), ein Röntgenbild davon (b); eine kleine Gitarre versteckt in einem Kinderüberraschungsei (c-e); eine elektronische Schlüsselkarte (f) mit sichtbarem Mikrochip und NFC-Antenne darin.
Hochaufgelöste Röntgenbilder von verschiedenen Objekten: Ein Blatt von Begonia obliqua (a), ein Röntgenbild davon (b); eine kleine Gitarre versteckt in einem Kinderüberraschungsei (c-e); eine elektronische Schlüsselkarte (f) mit sichtbarem Mikrochip und NFC-Antenne darin.

Auf dem Weg zu Nanokristall-Lasern

Die exzellenten Lichtemissionseigenschaften der Perowskite vom Typ CsPbX3 hat Forscher inspiriert, die stimulierte Emission in dünnen Schichten dieser Materialien zu untersuchen[4]. Es konnte gezeigt werden, dass Laserstrahlung generiert werden kann, wenn dünne Perowskitschichten auf kleine Kugeln aus Siliciumdioxid aufgetragen werden. Diese Mikrokugeln funktionieren dabei als optische Resonatoren. Auch ohne diese Resonatorkugeln konnten die Perovskite bereits zur Laserstrahlung angeregt werden. Die dabei entstandene Strahlung bezeichnet man als "Zufallslaser", der zwar kohärent, aber in alle Richtungen abstrahlt. Dies kann z.B. in der Kryptographie verwendet werden wo die Generierung von Zufallszahlen essentiel zum verschlüsseln sensibler Daten ist.

Vergrösserte Ansicht: Nanokristall-Laser
Links: Auftreten von verstärkter Spontaner Emission (VSE). Mitte: VSE Spektren von Perowskit-Nanokristallfilmen, die sämtliche sichtbare Wellenlängen abdecken. Rechts: Whispering-Gallery-Mode Laserstrahlung von Perowskit-Nanokristallen die auf einem kugelförmigen Resonator abgelagert sind.

[1] L. Protesescu, S. Yakunin, M.I. Bodnarchuk, F. Krieg, R. Caputo, C. Holman Hendon, R.X. Yang, A. Walsh, and M.V. Kovalenko. externe SeiteNanocrystals of Cesium Lead Halide Perovskites (CsPbX3, X=Cl, Br, and I): Novel Optoelectronic Materials Showing Bright Emission with Wide Color Gamut. Nano Letters, 2015, 15, 3692–3696.

[2] G. Nedelcu, L. Protesescu, S. Yakunin, M. I. Bodnarchuk, M. Grotevent and M. V. Kovalenko. externe SeiteFast anion-exchange in highly luminescent nanocrystals of cesium lead halide perovskites (CsPbX3, X=Cl, Br, I). Nano Letters, 2015, 15, 5635–5640.

[3] S. Yakunin, M. Sytnyk, D. Kriegner, S. Shrestha, M. Richter, G. J. Matt, H. Azimi, Ch. J. Brabec, J. Stangl, M. V. Kovalenko and W. Heiss. externe SeiteDetection of X-ray photons by solution-processed lead halide perovskites. Nature Photonics, 2015, 9, 444 - 449.

[4] S. Yakunin, L. Protesescu, F. Krieg, M. I. Bodnarchuk, G. Nedelcu, M. Humer, G. De Luca, M. Fiebig, W. Heiss, and M. V. Kovalenko. externe SeiteLow-threshold amplified spontaneous emission and lasing from colloidal nanocrystals of cesium lead halide perovskites CsPbX3 (X=Cl, Br, I). Nature Communications, 2015, 6, 8056

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