Kräuterbuchsammlung (15.-20. Jh.)
Hartwichs Sammlung ist ein Schatz aus Kräuter-/Botanikbüchern, Traktaten, Dissertationen, Habilitationsschriften, Wochenzeitschriften und Jahrbüchern. Sie ermöglichen Einblicke in den damaligen Wissensstand der Pharmazie, Medizin und Chemie.
«In vielen dieser Büchern finden sich verzierte Darstellungen und bildliche Allegorien. Manche Anwendung von Heilpflanzen in den alten Kräuterbüchern scheint absonderlich; über so manche Darstellung von Einhorn oder Tod und Teufel kann gerätselt werden. Eindrucksvoll sind die vor Jahrhunderten akkurat gezeichneten wissenschaftlichen Apparaturen und die ästhetisch ansprechenden, künstlerisch hochstehenden Pflanzenzeichnungen. Die Lektüre von Briefkorrespondenzen ausgewählter Buchautoren offenbarte nicht nur Forschungsvorlieben für bestimmte Pflanzen oder Tiere, sondern gab auch Einblicke in deren Familie, Lebensumstände, finanzielle Probleme, Zeitnot sowie den damals üblichen Austausch von Wissen und Pflanzenmaterial. Ebenso wurde erkennbarer, wer bevorzugt für begüterte Leser oder eher für die Allgemeinheit schrieb, wer «Bestseller» mit über 20 Auflagen verfasste oder heimlich von anderen abkopierte und ob Briefeschreiber miteinander befreundet waren oder in Konkurrenz zueinander standen. [...] Etliche Bücher haben pharmakognostische, medizinische oder chemische Abhandlungen zum Thema, einige sind nur mit Text oder handschriftlichen Anmerkungen versehen, andere wiederum enthalten detaillierte, farbige Bilddarstellungen als Holzschnitt, Kupferstich oder später als Fotografie. [...] Der vollständige Erhalt der Bibliothek und Sammlung Hartwichs macht die Arbeits- und Denkweise eines Pharmakognosie-Professors der Jahrhundertwende nachvollziehbar.»
Textauszug, Brauckmann B., Schweiz Z Ganzheitsmed 2015; 27: 133-134.
Streifzug durch ausgewählte Werke
Der obige Absatz macht es schon deutlich: Zu viel beinhalten die Werke, um sie hier in aller Kürze und Vollständigkeit zusammenfassen zu können. Einen ersten Eindruck allerdings vermitteln die untenstehenden Bilder und PDFs mit Abbildungen zu ausgewählten Büchern, geordnet nach Jahrhunderten. Spannende Geschichten dazu erzählen die Artikel, welche als Lesetipp am Ende der Seite aufgelistet sind. Dort begleiten die Autor:innen zwei Gelehrte auf den Spuren von Opium und Kaffee, verraten, wie Kräuterbücher zum Streitobjekt der Renaissance und Tulpen zur Kostbarkeit mit Wucherpreisen wurden und stellen besondere Persönlichkeiten vor, von bislang unbekannten Alchimisten über Pflanzenzeichnern, Kupferstechern, bis hin zu ratlosen Arbeitgebern und liebenden Ehefrauen. (Fotos: Lisa Mark, Zusammenstellung, PDFs: Dr. Barbara Brauckmann)
Zum Büchernachlass: Die etwa 900 Bücher aus dem Hartwich-Nachlass wurden vor etlichen Jahren an die ETH Zürich, speziell an das Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, verkauft bzw. übergeben. Aus Platzmangel wurde die Büchersammlung 2010 als Dauerleihgabe dem externe Seite Pharmaziemuseum der Universität Basel anvertraut, zusammen mit vielen weiteren Objekten aus der Chemischen und Pharmakognostischen Sammlung. Ein kleiner Teil davon kann dort im sogenannten Vasensaal besichtigt werden.
Eine Broschüre mit ausgewählten Fotos zu einigen der Bücher ist gratis am Infodesk des Informationszentrums (G-Stock) oder direkt bei der Sammlung (H-Stock) erhältlich.
Wer nicht genug von Kräutern bekommt, der kann sie sich auch in Natura ansehen – im Arzneipflanzengarten neben dem D-CHAB-Gebäude. Steinerne Sitzbänke in der Form eines Labyrinths laden dort zum Sitzen, Schauen und Verweilen ein.
Literaturnachweise und Lesetipps
In neun Publikationen, erschienen im Karger Verlag, erzählen Barbara Brauckmann und Martin Kluge spannende Hintergrundgeschichten zu den Werken: Wie wurde das Kräuterbuch vom medizinischem Nachschlagewerk zum botanischen Liebhaberobjekt? Was haben die Autoren erlebt? Wie hat sich eigentlich die Mikroskopie entwickelt? Und vieles mehr...
Brauckmann B (9): Aus unscheinbaren Schränken in eine Museumssammlung: Bücherschätze aus 5 Jahrhunderten.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2015; 27: 132–134 (PDF, 315 KB)
Brauckmann B: Kräuterbücher (1): Sammelleidenschaft und Forschungseifer: Zwei Gelehrte aus verschiedenen Jahrhunderten auf den Spuren von Opium und Kaffee.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2014; 26: 105–107 (PDF, 481 KB)
Brauckmann B: Kräuterbücher (2): Publikationskonflikte in der Renaissance: Leonhart Fuchs und Conrad Gessner im Streit um ihre Pflanzenwerke.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2014; 26: 168–171 (PDF, 458 KB)
Kluge M: Kräuterbücher (3): Vom medizinischen Nachschlagewerk zum botanischen
Lehrbuch: Die Entwicklung der Kräuterbuchliteratur.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2014; 26: 223–226 (PDF, 555 KB)
Brauckmann B: Kräuterbücher (4): Tulpen in den Prachtgärten der Kaufleute und Fürsten des 16. bis 18. Jahrhunderts: Erlesene Kostbarkeiten zu ruinösen Preisen.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2014; 26: 297–300 (PDF, 444 KB)
Kluge M: Kräuterbücher (5): Einblicke in das Alchemielabor: Zwei bisher unbekannte Alchemistenhandschriften.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2014; 26: 350–353 (PDF, 279 KB)
Brauckmann B: Kräuterbücher (6): Sammeln, Herausgeben und «Verzetteln» im 18. Jahrhundert: Brillante Pflanzenzeichner, geduldige Kupferstecher, rastlose Auftraggeber und eine liebende Ehefrau.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2015; 27: 36–40 (PDF, 346 KB)
Brauckmann B: Kräuterbücher (7): Patienten behandeln, Reisen unternehmen, Pflanzen beobachten und Briefe schreiben: Mediziner und Botaniker in der Zeit des «Ancien Régime».
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2015; 27: 95–99 (PDF, 317 KB)
Kluge M: Kräuterbücher (8): Eine neue Sicht der Wissenschaft – wie das Mikroskop den Blick der Medizin veränderte.
Download Schweiz Z Ganzheitsmed 2015; 27:159–163 (PDF, 366 KB)