Effizient Wasser spalten mit einem einzigen Atom
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Wasserstoff ist ein guter Energieträger, der nachhaltig aus Wasser erzeugt werden kann. Allerdings verlangsamt die ineffiziente Sauerstoffentwicklungsreaktion die Produktion. Iridiumoxid ist heute das Material der Wahl für die Wasserelektrolyse unter sauren Bedingungen, aber es ist rar. Ziel ist eine sparsame Methode. Christophe Copéret und sein Team haben einen effizienten Katalysator basierend auf einzelnen Iridiumatomen entwickelt, die auf einem leitenden Indium-Zinn-Oxid-Träger fixiert sind.
Betritt man Christophe Copérets Labor fallen sofort eine Reihe schwarzer Hände auf: ausgestülpte Gummihandschuhe, die aus Glasboxen ragen. In den Boxen lassen sich Katalysatoren herstellen und Reaktionen unter kontrollierten Bedingungen durchführen. Die Copéret Gruppe beschäftigt sich hier unter anderem mit Wasserelektrolyse, also mit der Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff durch elektrischen Strom – eine Methode, die v.a. zur Gewinnung von Wasserstoff eingesetzt wird, um diesen als Energiespeicher zu nutzen. Derzeit ist seine Gewinnung aus fossilen Energiequellen aber noch günstiger (v.a. aus Methan). Grund dafür ist auch, dass die Elektrolyse von Wasser äusserst komplex ist, und noch nicht ganz verstanden. Copérets Gruppe ist es nun gelungen, einen effizienten Katalysator für die elektrochemische Aufspaltung von Wasser zu entwickeln und wichtige Erkenntnisse über den Reaktionsmechanismus zu gewinnen.

Je höher der Start, desto schneller am Ziel
Die katalytische Aufspaltung von Wasser besteht aus zwei Teilreaktionen: der Freisetzung von Wasserstoff (Hydrogen Evolution Reaction, HER) und der Freisetzung von Sauerstoff (Oxygen Evolution Reaction, OER), wobei letztere die viel komplexere ist. Die Suche nach stabilen und günstigen Katalysatoren für die OER und die Charakterisierung des Reaktionsmechanismus ist daher von grosser Bedeutung. „Man kann sich die Reaktion wie eine Exkursion auf den Mont Blanc vorstellen“, erläutert Copéret. Der energetische „Berg“ muss erklommen werden, damit die Reaktion läuft. „Die Elektrochemie verkürzt dabei den Weg und fungiert als „Lift“ zur „Mittelstation“. Der Katalysator, der die Reaktion weiter beschleunigen soll, vereinfacht noch das letzte Stück hinauf – vorausgesetzt man wählt den richtigen. Wer in solcher Höhe (sprich bei dem chemischen Potenzial) etwas erreichen will, muss fit und widerstandsfähig sein – das gilt auch für den Katalysator, bezogen auf seine Aktivität und Stabilität.“
Von H2O zu O2 mit einzelnen Iridium-Atomen
Die Copéret Gruppe nutzt für die Wasserelektrolyse die heterogene Form der Katalyse. Dabei liegen der Katalysator und die Reaktionspartner in unterschiedlichen Phasen vor, was später die Trennung der Produkte erleichtert. In dem Fall ist es ein fester Katalysator, umspült vom flüssigen Reaktionspartner (Wasser). Der Katalysator fungiert auch als Elektrode. Hier wird der Strom angelegt, um die Reaktion zum Laufen zu bringen. Das Milieu spielt dabei ebenso eine wichtige Rolle: Prinzipiell können die Teilreaktionen der Wasserelektrolyse in saurem oder basischem Milieu erfolgen. Die Reaktion in saurem Milieu bietet dabei einige Vorteile – ist daher zu bevorzugen – wird aber auch stark durch die Stabilität und die Kosten des Katalysators bei der OER limitiert. Derzeit ist der robusteste Katalysator für die Wasseroxidation unter sauren Bedingungen Iridiumoxid, ein sehr seltenes und teures Metall.

Um die Menge an benötigtem Iridium zu reduzieren, haben Copéret und sein Team einzelne Iridium-Atome auf der Oberfläche eines Indium-Zinn-Oxid (ITO)-Trägers fixiert – laut Coperét der erste voll charakterisierte Iridium-Einzelatomkatalysator (SAC) für saure Bedingungen, von dem berichtet worden ist. Zudem wollte man das teure, seltene Iridium möglichst sparsam einsetzen und durch die Vereinzelung der Atome sicherstellen, dass alle in die Katalyse involviert werden, so Copéret. Auf diese Art kann der Prozess detailliert studiert werden. ITO wurde verwendet, weil die üblichen kohlenstoffbasierten Trägermaterialien bei diesem Reaktionsbedingungen nicht stabil genug sind.
Mittels spektroskopischer und mikroskopischer Methoden konnte die Gruppe nachweisen, dass sich einzelne Iridium-Atome auf dem Träger befinden, von denen jedes bei katalytischen Tests in der Box hunderte Sauerstoffmoleküle generieren konnte. Die in situ X-Ray-Absorption hat offenbart, wie der Prozess im sauren Milieu abläuft und hat ein Iridium(V)-Sauerstoff Intermediat zum Vorschein gebracht. Durch Modellierung des Reaktionsmechanismus konnte das Team zeigen, dass das beobachtete IridiumV-Sauerstoff-Intermediat (IrV–O Abstand von 1.83 Å) vermutlich ein katalytischer Ruhezustand ist. Das Intermediat wird zu IrVI oxidiert, welches einen schnellen Angriff des nukleophilen Wassermoleküls ermöglicht. Ferner zeigt die Arbeit, dass sich SACs auf Oxidoberflächen gut für die Aufklärung diverser heterogen-katalysierten Transformationen eignen.

About Methanol Economy and ACS Live Presentation
„Das Energieproblem ist damit nicht gelöst“, betont Copéret, „die Ergebnisse helfen aber bessere Materialien zu designen.“ Auch eine photonenbasierte Lösung sei mit den transparenten Elektroden denkbar, etwa Wasserspaltung durch Sonnenlicht. Copéret sieht auch kombinierte Methoden als Möglichkeit: Wenn wir H2 aus einer erneuerbaren Quelle wie der Wasserelektrolyse generieren können, könnte man es mit CO2 reagieren lassen und Methanol herstellen, ein flüssiger Treibstoff. Das ist das Basiskonzept der Methanol Wirtschaft, die helfen könnten den Kohlenstoffzyklus zu schliessen und den Klimawandel abzuschwächen.“ Noch immer gibt es diesbezüglich viele Herausforderungen, aber das Iridium-Projekt – teilweise unterstützt durch das InnoSuisse Projekt (SCCER Heat and Energy Storage) und ausgeführt in Zusammenarbeit mit ScopeM, der Purdue University und der Universitat Autonòma de Barcelona – war ein Fortschritt im H2-Bereich, wie auch in der externe Seite live Präsentation zum ACS Paper. Jetzt will man in der Gruppe Forschungsfelder kombinieren.

Weitere Informationen:
Dmitry Lebedev, Roman Ezhov, Javier Heras-Domingo, Aleix Comas-Vives, Nicolas Kaeffer, Marc Willinger, Xavier Solans-Monfort, Xing Huang, Yulia Pushkar, and Christophe Copéret (2019): Atomically Dispersed Iridium on Indium Tin Oxide Efficiently Catalyzes Water Oxidation. ACS Central Science Article ASAP. DOI: externe Seite 10.1021/acscentsci.0c00604