Drei neue Exzellenz-Stipendiaten am D-CHAB stellen sich vor
D-CHAB
Das Excellence Scholarship & Opportunity Programme (ESOP) der ETH fördert jährlich herausragende Studierende. Sie gehören zu den Jahrgangsbesten und erhalten für ihr Masterstudium Unterstützung von Donator:innen der ETH Foundation, um sich ganz auf Ausbildung und Forschung konzentrieren zu können. Im D‑CHAB konnten 2021 drei Studierende die Jury von sich überzeugen: Luca Schaufelberger, Nils Lorz und Stefan Schmid. In diesem Artikel stellen sie sich kurz vor.
Luca Schaufelberger – #Quanteneffekte
«Naturwissenschaft war bei mir früh ein Thema», erinnert sich Luca Schaufelberger aus dem Kanton Aargau in der Schweiz, «die Interdisziplinäre Naturwissenschaften geben mir nun die Freiheit zu verfolgen, was mir Spass macht, und selbstständig zu planen, wo ich in Zukunft hinmöchte.»
Während seiner Bachelorarbeit an der EPFL und bei der Semesterarbeit in Cambridge hat Luca unterschiedliche Aspekte der Festkörperphysik kennengelernt. «Materialien besser zu verstehen, packt mich sehr. Mich fasziniert, wie wir von Materialien umgeben sind, wie sie funktionieren und wie man Quanteneffekte studieren kann. Zudem interessiert mich die Schnittstelle zwischen neuen Materialien und Politik, also wie man an Technologie forscht und diese in die Gesellschaft einbringen kann.» Spass macht Luca neben der Wissenschaft nämlich auch die Wissenschaftsvermittlung. So hat er bereits Veranstaltungsreihen für die Öffentlichkeit organisiert und ist Vorstand bei Reatch – eine «wissenschaftliche Ideenschmiede», wie es Luca nennt. Ausserdem hat er ein Betreuungsprogramm für Maturand:innen im Bereich Wasser initiiert: «Schüler und Schülerinnen können damit Einblicke in die Wissenschaft bekommen. Meine eigene Maturaarbeit damals war an der Schnittstelle zwischen Wasser und Materialien angesiedelt. Es ging um die Entwicklung eines Wasserfilters. Mittlerweile bin ich thematisch ganz zum Bereich Materialien gewechselt», erzählt Luca.
Als Masterarbeit plant Luca die Konstruktion eines zirkulären Josephson-Barriere mit verdrehtem, zweischichtigem Graphen. «Wenn man zwei Ebenen aufeinanderlegt und verdreht, können sich Materialien anders verhalten – manchmal wie Metall oder Gummi, manchmal gibt es Supraleitung.» Die Veränderung der Eigenschaften entsteht in dem Fall durch das Zusammenspiel der Elektronen. «Ganz verstanden ist das aber noch nicht. Der gewählte Aufbau ist eine relativ einfache Plattform, um exotische Quanteneffekte zu studieren», erklärt Luca, «das Verständnis solcher Effekte kann künftig für den Bau von Quantencomputern oder Sensoren wichtig werden.» In der Masterarbeit gehe es ihm aber erstmal darum, die Physik in diesen Materialien besser zu verstehen. Das ESOP-Stipendium bietet dafür den nötigen Rückhalt und erlaubt es, «mich nebenbei weiterhin auch im Kommunikationsbereich zu engagieren. Ich freue mich zudem auf die Zusammenarbeit mit den anderen Stipendiaten und Stipendiatinnen.»
Nils Lorz – #NMR
Nils Lorz stammt aus Nordbayern, hat aber bereits an der ETH Zürich seinen Bachelor in Interdisziplinären Naturwissenschaften gemacht. «Deswegen kam ich in die Schweiz, dieses Fach gibt es nur hier. Ich schwankte damals zwischen Chemie und Biologie. Die Interdisziplinären Naturwissenschaften ermöglichten es mir, beides kennenzulernen und dazu neue Themengebiete, von denen ich vorher nichts wusste. Das ist das Tolle und dafür bin ich dankbar.»
Eines dieser Themen begegnete ihm erstmals in der Mikrobiologievorlesung: Typ-1-Polyketidsynthasen (PKS) sind Enzymkomplexe aus mehreren in Domänen unterteilten Modulen, die normalerweise bestimmte Metabolite oder auch antibiotisch wirksame Substanzen in Mikroorganismen produzieren. «Es ist phänomenal, dass diese Substanzen hier nach einem Fliessband-Prinzip zusammengesetzt werden», findet Nils, «unglaublich, dass sich sowas in der Natur durch Zufall entwickelt hat. Natürlich ist auch die schiere Grösse der Komplexe faszinierend und was man potenziell damit anfangen könnte.» PKS werden heute bereits für die Produktion von Pharmazeutika eingesetzt. Die Nachfrage steigt, die Synthese modifizierter Polyketide bleibt jedoch schwierig – auch, weil der Austausch von Domänen oder ganzer Module häufig an deren Substratspezifität scheitert. Könnte man dies lösen, wäre ein wichtiger Schritt zur breiteren Anwendung von PKS in der Synthese von Polyketiden, wie z.B. neuer Antibiotika, getan.
Für seine Masterarbeit wollte Nils ursprünglich an der Modifikation natürlicher PKS arbeiten. Mittlerweile hat sich das Thema leicht gewandelt: «Ich finde Enzyme immer noch superinteressant, aber ich schaue nun aus einem neuen Blickwinkel darauf. Was ich jetzt für meine Semesterarbeit mache und für die Masterarbeit plane, liegt eher im Bereich Strukturbiologie. Ich möchte die natürliche Struktur des Systems und seine Funktionsweise mittels NMR erforschen.» Darauf aufbauend könne man das System dann z.B. durch Mutationen modifizieren und so einen Schritt Richtung Anwendung in der Medizin gehen. Eine Vorlesung habe ihn zu dieser Entscheidung gebracht. «Ich war begeistert von der Methode und BioNMR erlaubt interdisziplinäres Arbeiten: es hat biochemische und physikalische Seiten.» Die Masterarbeit müsse man allerdings noch genauer definieren. Das Stipendium ist eine zusätzliche Motivation, findet Nils: «Ausserdem ist es auch eine Anerkennung und in dem Sinne nochmal eine Bestätigung für einen selbst.»
Stefan Schmid – #Katalyse
«Die Chemie hat mich schon früh begeistert und macht immer noch Spass», erzählt der aus Österreich (Tirol) stammende Stefan Schmid. Bereits während seiner Schulzeit hat er bei der internationalen Chemieolympiade Silber und Bronze geholt. Heute sitzt Stefan – mittlerweile Chemiestudent am D-CHAB der ETH Zürich – im wissenschaftlichen Autorenteam der Olympiade, welche 2023 in Zürich ausgetragen wird, und wirkt auch in seiner Funktion als Präsident der Chemikervereinigung (VCS) an der Veranstaltung mit.
Wissenschaftlich ist Stefan breit interessiert. Eine Vorlesung bei Professor Wennemers hat sein Interesse an der Peptidsynthese geweckt. Für seine Masterarbeit hatte er daher die Festphasen-Peptidsynthese ins Auge gefasst – die primäre Synthese-Methode für Peptide – und wollte dabei Lösungen für das Problem der Peptid-Aggregation finden, welche ein Hindernis für die effiziente Synthese darstellt. Mittlerweile hat Stefan erkannt, dass ihn sein Weg während des Masters eher in den Bereich Katalyse führen wird: «Katalyse wird auch künftig ein grosses, wichtiges Thema sein. Da gibt es noch viel zu erforschen, zu entdecken, zu verbessern. Dieses breite Feld und die Möglichkeit etwas zu bewirken haben einen sehr grossen Reiz für mich.» Speziell interessieren Stefan industrielle Prozesse, es gehe ihm aber trotzdem um Grundlagenforschung, auf deren Basis dann grössere Anwendungen lanciert werden könnten. Auch eine Kombination mit Digital Chemistry könnte sich der Student gut vorstellen und hat in diesem Sinne 2020 die Summerschool für Machine Learning besucht. «An der ETH Zürich hat man bei dem vielfältigen Angebot die Qual der Wahl, und gerade Katalyse ist so ein breites Feld – ich kenne ja erst einen Bruchteil davon.»
Wohin die Masterarbeit genau führen wird, ist daher noch nicht ganz klar – «möglicherweise in Richtung Biokatalyse und Metalloenzyme», wagt er einen Ausblick. Fürs Erste möchte sich Stefan aber auf seine Semesterarbeit in der Anorganischen Chemie konzentrieren und freut sich über das ESOP-Stipendium. «Ich habe dadurch Leute kennengelernt, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Die Community macht das Ganze, neben dem finanziellen Aspekt, besonders attraktiv.