Dominik Bögli and Maylin Blunier with their mushroom

Selbstständiges Forschen als Ausgleich zum Studium

Dominik Bögli und Maylin Blunier, Studierende der Interdisziplinäre Naturwissenschaften und Biologie, wollen ihren Forscherdrang auch abseits der Hörsäle ausleben. Im neu eingerichteten Life Science Lab des ETH-Student Project House kultivieren sie spezielle Pilze, die nicht nur gut schmecken, sondern auch bioaktive Wirkstoffe enthalten. Die ersten Produkte ihres Projekts kann man ab jetzt auf ihrer Webseite bestellen.

Maylin, du bist Masterstudentin der Interdisziplinäre Naturwissenschaften am D-CHAB und Dominik, du bist von den Interdisziplinären Naturwissenschaften zur Biologie gewechselt und dort nun ebenfalls bald im Master. Wie kommt es, dass ihr in eurer Freizeit im Life Science Lab Pilze erforscht?

M: Das Ganze war zuerst ein Gag unter Freunden. Wir haben Dominik ein Pilzzuchtset geschenkt. Das hat mässig funktioniert und Dominik meinte, er würde das besser hinkriegen. Wir konnten die Pilze nicht auf dem freien Markt kaufen und wollten daher probieren, sie selbst zu kultivieren. Bei den Recherchen sind wir dann auch auf die kaum erforschten Wirkstoffe gestossen. Grundsätzlich sind wir beide sehr neugierig. Wir finden einen blinden Fleck in der Forschung und möchte wissen, was dahintersteckt. Zudem schmeckt der Pilz megafein.

Ihr habt einen speziellen Pilz gewählt: den Igelstachelbart. Warum?

D:  Der Igelstachelbart ist ein guter Speisepilz, beinhaltet aber auch Erinancine und Hericinone, Wirkstoffe, die neuroprotektiv wirken sollen. Wir wollen den Pilz als Speisepilz herstellen, und zwar auf einem möglichst natürlichen, nachhaltigen Substrat, z.B. Brauabfällen. In einem zweiten Schritt planen wir den Wirkstoff in grösserem Masse zu isolieren und der Forschung zur Verfügung stellen. 

Mydo mushroom

Wird das nicht bereits irgendwo industriell gemacht?

M: Nicht wirklich. Dieser Baumpilz wächst sehr langsam. Es dauert mindestens acht Wochen bis man ihn ernten kann und verglichen mit anderen Speisepilzen ist die Ernte eher klein. Der Pilz ist also teuer. Will man die Wirkstoffe gewinnen, wird es noch teurer und eine synthetische Herstellung wäre extrem aufwendig. Daher ist der Wirkstoff noch kaum erforscht. Das würden wir gern ändern.

D: Ausserdem fänden wir es gut, wenn wir die Wirkstoffe und den Speisepilz direkt in der Schweiz produzieren könnten. Das wäre nachhaltiger. 

Wo liegen die Herausforderungen?

M: Den Wirkstoff zu isolieren und zu analysieren ist nicht einfach. Ich habe z.B. kaum Erfahrung mit Massenspektrometern und es gibt oft lange Wartezeiten für einen Slot. Auch die Sterilität ist bei der Kultivierung der Pilze ein kritischer Punkt.

D: Abgesehen davon ist es schwierig neben dem stressigen Studienalltag am Projekt dranzubleiben. Trotzdem sind solche Projekte ein wichtiger Ausgleich zum Studium, wo man meist in Vorlesungen sitzt oder Praktika nach Curriculum absolviert. Will man das Ganze irgendwann grösser aufziehen, würde sich zudem die Frage nach der Finanzierung stellen. Derzeit werden wir noch durch das Student Project House unterstützt. 

fungus cultures

Stimmt, euer Projekt bleibt nicht im Labor. Ihr habt nun eine Webseite und einen Onlinestore erstellt: MYDO Mushrooms. Habt ihr Start-up-Ambitionen?

M: Ja, die Idee ist da. Seit 1. Mai 2025 sind wir mit unserer Webseite und dem Shop online. Wir wollen fürs Erste den Pilz zu 350 g Portionen anbieten, auch getrocknet und gemahlen, damit man ihn als Supplement verwenden kann. Dann schauen wir, wie gross das Interesse ist und nutzen unsere Einnahmen für die Forschung der Isolation der Wirkstoffe.  

Wer unterstützt euch beim Projekt?

D: Ulrich Genik z.B., der Hauptverantwortliche des Life Science Labs. Wir hatten damals über ein Poster vom Life Science Lab erfahren und wurden dort von Anfang an sehr gut unterstützt. Das gilt auch für das Student Project House, wo wir z.B. ein gratis Coaching machen durften. Zudem arbeiten wir mit der Gruppe von Jörn Piel zusammen. Sie haben uns Tipps für die Extraktion des Wirkstoffs gegeben. 

Wie funktioniert das Life Science Labor des Student Project House?

D: Es gibt ein Buchungstool für die Laborarbeitsplätze, aber man kann auch spontan vorbeischauen. Grundsätzlich hat man dort Platz genug, um sich ein wenig auszubreiten und kann auch mal etwas stehen lassen. Bis jetzt hat das gut funktioniert. Es sind alle sehr respektvoll. Wenn irgendwo ein Name draufsteht, dann wird das in Ruhe gelassen.

M: Ich finde es auch super angenehm. Man sollte nur bedenken, dass das Life Science Lab noch recht neu ist. Sobald man Dinge braucht, die die Standardausstattung übersteigen, muss man das extern organisieren. 

The LIfe Science Lab of the Student Project House

Wem empfehlt ihr das Labor?

D: Leuten, die motiviert sind, ausserhalb des Studiums etwas umzusetzen, was keine unmittelbare Belohnung verspricht. Es gibt hier keine Credits, keine Lorbeeren. Aber wenn jemand etwas erforschen möchte und kein Labor zur Verfügung hat, ist es eine super Adresse.

M: Man muss sich aber bewusst sein, dass man die Dinge selber machen und entscheiden muss. Zudem ist das Labor noch wenig auf chemische Vorgänge ausgelegt. Das könnte man anregen. Derzeit arbeiten schon einige Studierende der Interdisziplinäre Wissenschaften und Chemie an Projekten.   

Was war eure wichtigste Lektion bisher?

D: Gute Planung ist wichtig, aber man muss flexibel bleiben, um reagieren zu können. Wir hatten z.B. oft Kontaminationen auf den Agarplatten, weil unser Pilz viel langsamer wächst als Bakterien. Seit wir auf Holz als Substrat umgestellt haben, erhalten wir schöne, saubere Pilzkulturen.  

M: Ich habe vor allem für mich gelernt, Schritt für Schritt zu arbeiten und auf Zeitressourcen zu schauen. Zudem hatte ich den Aspekt Organisation komplett unterschätzt. Es steckt so viel mehr hinter so einem Projekt!

Was werden eure nächsten Schritte sein?

D: Wir haben vor kurzem unseren Shop online gestellt, schauen nun, wie es läuft und wollen weiterhin bei der Forschung am Ball bleiben.

M: Wenn man groß träumt, wäre eine Kollaboration mit einer Forschungsgruppe sehr cool oder die Mitarbeit an einer Studie. 

Eure Botschaft an alle Interessierten?

D: Falls ihr mehr über unser Projekt oder das Life Science Lab des Student Project House wissen wollte, schreibt uns oder kommt einfach vorbei. Es sind alles nette, spontane Leute im Labor. Und falls Maschinenbauer:innen oder Ingenieur:innen diesen Text lesen: Falls ihr Lust habt mit uns an einer technischen Komponente für die Pilzzucht zu tüfteln, sodass wir künftig verschiedene Parameter gezielt einstellen können, meldet euch gern!

Besuch bei Dominik und Maylin im Labor: Wie man köstliche Pilze aus Abfall kultiviert (Video: Student Project House)

Weitere Informationen

externe Seite MYDO Mushrooms

Das Student Project House ist ein Raum, der für die kreative Gemeinschaft innerhalb der ETH Zürich gebaut wurde. Hier treffen sich Studierende zum Experimentieren, Konzepte testen und um Gruppenprojekte voranzutreiben. Das Student Project House bietet verschiedene Makerspaces, darunter das sogenannte Life Science Lab . Dieses ermöglicht es den Studierenden, Themen der Biowissenschaften zu erforschen und eigene Ideen umzusetzen. Zur Verfügung stehen ein Labor (Biosicherheitsstufe 1), Ausrüstung und Coaching, um unabhängige Projekte und Experimente zu starten.